25. Oktober 2022

Chaos im Kopf - Deine FASD Seite

Familien oder Wohngruppen stehen vor der Frage, wo Menschen mit FASD wohnen können, wenn sie erwachsen sind. Mit angemessener Unterstützung! Bekommen Erwachsene erst eine FASD-Diagnose, haben sie oft schon sehr ungünstige Lebensumstände erlebt.

Dieser Blog-Artikel gibt ein paar Antworten auf diese Frage. Nach und nach werden weitere Informationen hinzukommen.

(Photo by Helena Lopes on Unsplash)

Aus der Jugendhilfe ins Erwachsenenalter

Inzwischen sind unsere Zwillinge, die eine FAS-Diagnose haben, erwachsen.

Ab dem Alter von 1 3/4 Jahren leben sie bei uns als Pflegekinder. Die meisten Kinder/Jugendlichen mit FASD wachsen nicht in ihrer Herkunftsfamilie auf.

Die FASD-Diagnose haben sie mit etwa 10 Jahren bekommen. Es ist wahrscheinlich typisch, dass wir als Psychologen-Paar kaum etwas von FASD wussten.

Die erste Reaktion von uns war eine Mischung aus Trauer um die lebenslangen Beeinträchtigungen und Erleichterung, nun klarer zu wissen, womit wir es zu tun haben. Also Erklärungen.

Für Menschen mit FASD und deren Zugehörige sind Übergangsphasen oft schwierig und auch anstrengend. Weitere große Einschnitte waren der Schulabschluss der Montessorischule nach 11 Jahren und der Sprung ins Erwachsenenalter mit 18 Jahren.

Nach den Jahren der engen Begleitung in Schule und Pflegefamilie kommt die Frage:

Und jetzt?

Da fliegen uns Begriffe wie „Eingliederungshilfe“, „Betreutes Wohnen“, „Gastfamilie“, „Wohngruppe“, „Persönliches Budget“, „Inklusives Wohnen“, „Pflegestufe“ und vieles mehr um die Ohren.

Nach und nach versuche ich mehr Licht in diesen Dschungel zu bekommen.

Bisherige Podcasts

Auch Erwachsene mit FASD wohnen C08

In einem Interview mit Kathleen Kunath haben wir uns darüber unterhalten, wie Erwachsene mit FASD wohnen. Der Sonnenhof e.V. in Berlin hatte als einer der ersten eine Wohngruppe für Jugendliche mit FASD aufgebaut. Die Jugendlichen wurden erwachsen. Kathleen war dabei, als die erste Wohngruppe für Erwachsene gegründet wurde.

Einige konnte man definitiv nicht alleine in eine Wohnung entlassen. Die wären völlig überfordert gewesen damit, hatten auch selber Angst davor und wollten das gar nicht. Und dann galt es durchzusetzen, dass sie weiter betreut werden, über die Jugendhilfe hinaus. Und da war halt jetzt die Diagnose unerlässlich. Ohne Diagnose kein Zugang ins Hilfesystem. – Kathleen Kunath

Das war echte Pionierarbeit in Berlin. Erwachsen werden, heißt auch Freiheiten zu haben. Wie schwierig das ist, erzählt Kathleen.

Wie setzt man Grenzen? Wie lernt man seine eigenen Grenzen kennen? Und das hat ’ne Weile gedauert, das war sehr spannend und hat doch funktioniert, weil in der Auseinandersetzung mit den Menschen, über das was gerade passiert ist, weniger über Regelmaß und Sanktionen, dann eher des gemeinsame Schauens. Wie kann das Leben neu gestaltet werden mit diesen Freiheiten? – Kathleen Kunath

Die Kunst, FASD-Wohngruppen aufzubauen C11

Ralf Neier hat im Münsterland Wohngruppen für Jugendliche aufgebaut. Darüber haben wir uns in dieser Episode unterhalten. Welche Bedingungen und Unterstützungen brauchen die Jugendlichen?

Diese Erfahrungen sind oft die Grundlage für die Entwicklung von Wohngruppen für Erwachsene.

Ein Aspekt ist es, für die Bewohner ein möglichst großes Maß an Sicherheit zu gewährleisten.

Bei einer der ersten Ortsbesichtigungen war Janine dabei und sagte dann irgendwann: „Hier ziehe ich nicht ein.“ Alles war fertig und eine Mitbewohnerin sagt: „Hier ziehe ich nicht ein.“ „Warum nicht?“ „Ja, weil ihr könnt das alles garnicht überschauen.“ Sie hat das damals wirklich auf den Punkt gebracht. – Ralf Neier

An die Mitarbeiter solcher Wohngruppen gibt es besondere Anforderungen.

Wir hatten natürlich auch mit vielen Impulsausbrüchen zu tun, völlig klar. Aber auf dem Hof Seggert war das eine Fleißarbeit, eine Laufarbeit. Weil diese „wohlwollende Kontrolle“, von der ich so gerne spreche, heisst, dass wir uns viel bewegen müssen.

FASD im Erwachsenenalter C31

Solofolge Teil einer 6-teiligen Folge

Es gibt eine massive Unterversorgung mit betreuten Wohnformen speziell für Menschen mit FASD.

In dieser Podcast-Episode geht es neben FASD-Diagnostik für Erwachsene um Projekte und Ideen zum Wohnen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Wir hören von Wohngruppen aus der Jugendhilfe, die manchmal die Initialzündung für Wohngruppen für Erwachsene mit FASD sind.

Das Feld von „inklusivem Wohnen“ wird durch neue Projekte ausgeweitet. Vielleicht weil das Teilhabegesetz neue Möglichkeiten einfordert.

Andere spannende Projekte begegnen uns noch in weiteren Podcastfolgen.

Wie können Erwachsene mit FASD wohnen? C39

Dies ist eine Solofolge, in der Erfahrungen und Ideen aus bisheriger Folgen zusammengetragen ist.

Wir hören von Wohngruppen aus der Jugendhilfe, die manchmal die Initialzündung für Wohngruppen für Erwachsene mit FASD sind.

Was ist inklusives Wohnen? Es gibt immer mehr Projekte, vielleicht weil das Teilhabegesetz neue Möglichkeiten einfordert.

Ralf Neier: Wie wohnen junge Erwachsene mit FASD? C40

In vorigen Episoden hatte ich mit Ralf Neier über den Aufbau und die Anforderungen von Wohngruppen für Jugendliche mit FASD gesprochen.

Die Jugendlichen werden erwachsen und brauchen passende Möglichkeiten, wo und wie sie leben können.

Nach Ralfs Einschätzung brauchen 80% der jungen Erwachsenen aus der Kinder- und Jugendhilfe weiter eine intensive Begleitung. Da der pubertäre Umbau des Gehirns noch bis ca. 25 Jahre weiter geht, ist dies für junge Erwachsene mit FASD oft eine krisenhafte Phase.

FASD Kleinstgruppe mit persönlichem Budget C44

Kristian Korn ist Mitarbeiter einer Kleinstgruppe für Menschen mit FASD. Er hat auch die Gründung begleitet.

Für Kristian sind Wohngruppe bis maximal 5 Bewohnern für Erwachsene mit FASD geeignet. Es braucht eine personelle Stabilität, also wenig Wechsel, eine überschaubare Zahl von Mitarbeitern und Bewohnern und Möglichkeiten sich zurückzuziehen.

Das besondere an diese Wohngruppe ist, dass sie über das „persönliche Budget“ finanziert wird. Alle möglichen Finanzierungen laufen an einer Stelle zusammen. Aus diesem Topf werden dann die Bedarfe der Bewohner finanziert. Für Mitarbeiter müssen eigene Arbeitsverträge aufgesetzt werden und jede Ausgabe muss belegt werden. Das ist ein riesiger administrativer Aufwand. Für betreutes Einzelwohnen sieht das Kristian als kaum machbar an.

Bremen Hat Eins Der Wenigen FASD Wohnprojekte Für Erwachsene (C50)

Margarethe Jakubiec hat die Gründungsphase von 5 Jahren begleitet.

Im September 2022 konnte das Wohnprojekt für Menschen mit FASD sein einjähriges Jubiläum feiern.

Sechs Menschen mit FASD leben in einzelnen Appartements. Außerdem gibt es Gemeinschaftsräume und immer ist ein Ansprechpartner im Haus, auch nachts.

Wir sprechen über die besonderen Bedürfnisse, die Lehren aus dem ersten Jahr und Wünsche nach mehr Klarheit.

Wohnformen für Erwachsene mit FASD

Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Erwachsene mit FASD zu wohnen und zu leben. Leider gibt es auch eine große Schattenseite, denn viele werden in Gefängnissen, Psychiatrien, Obdachlosigkeit leben. Bei den meisten ist die Schädigung durch Alkohol unbekannt, sie scheitern am Leben, ohne die notwendige Unterstützung zu erhalten.

Photo by Rémi Walle on Unsplash

Auf der Lichtseite ist vieles in Bewegung geraten. Einerseits verbreiten sich Informationen zu FASD. Andererseits fordert das „Teilhabegesetz“ viel mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung. Wohin die Reise geht ist häufig noch unklar.

Dies Kapitel zu Wohnformen wird auch in Bewegung bleiben. Manches werde ich im Laufe der Zeit ergänzen, manches korrigieren.

Wohngruppen

In einigen Podcast Episoden haben wir schon über das Leben in Wohngruppen gesprochen.

Viele Strukturen können aus langer Erfahrung mit Wohngruppen der Kinder- und Jugendhilfe übernommen werden. Für Menschen mit FASD gibt es allerdings besondere Anforderungen, z.B. eine hohe Präsenz von Mitarbeiter, Rückzugsmöglichkeiten und Schutz vor Übergriffen oder agressiven Auseinandersetzungen.

Ein besonderes Thema ist ein selbstbestimmtes Leben als Erwachsener. Wie sind die „neuen“ Freiheiten zu erfahren und wo stößt das an Grenzen? Wie kann Verantwortung gestärkt werden?

Wohnen im eigenen Zuhause

Nach dem Bundesteilhabegesetz „wurden mehr Möglichkeiten der Teilhabe und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen geschaffen“.

Das bedeutet auch,

… dass möglichst viele Menschen mit Behinderung in ihrem eigenen Zuhause leben können. Der Ausbau des Ambulant Betreuten Wohnens bedeutet mehr Mitbestimmung, mehr Freiheit, mehr Lebensqualität und ist auch für Menschen mit höheren Bedarfen möglich. – LWL

Der Grundsatz lautet: „ambulant vor stationär“.

Hilfe zur Antragstellung leistet unter anderem die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB)

Gastfamilien

Das LWL-Inklusionsamt nennt das Betreutes Wohnen in Gastfamilien (BWF). Diese Leistung der Eingliederungshilfe „entspricht einer familienanalogen Hilfeform, ähnlich wie sie in der Jugendhilfe unter dem Begriff „Pflegefamilie“ bekannt ist.“

Das BWF ist eine sehr personenzentrierte Leistung, die Menschen mit Behinderungen eine individuelle Lebensführung in einer Familie ermöglicht. Dieses Angebot richtet sich an Personen, denen die Betreuung in einer besonderen Wohnform zu viel und eine Betreuung im Rahmen der eigenen Häuslichkeit im Rahmen von Fachleistungsstunden oder Assistenz zu wenig Unterstützung und Sicherheit bietet. – LWL-Inklusionsamt

Eingliederungshilfe

Das ist jetzt noch ein großes Kapitel. Außerdem befindet sich noch vieles im Umbruch, denn die Hilfen für Menschen mit Behinderung werden neu geordnet.

Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche zuständige Behörden. In NRW sind das z.B. LWL-Inklusionsamt Soziale Teilhabe und LVR-Inklusionsamt. Google doch mal für dein Bundesland nach Inklusionsamt oder Eingliederungshilfe.

Damit belasse ich es aber erst mal. Wenn ich schlauer geworden bin, werde ich weiteres hinzufügen.

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